Ein Abend mit einem Freund auf der Gartenterrasse eines Restaurants.
Essen. Quatschen. Trinken. Lachen. Gemütlich!
Unvermittelt fragt mich mein Gegenüber: „Ich weiss, du arbeitest in der Schule, aber was genau machst du eigentlich als Schulischer Heilpädagoge?“.
Ich will schon antworten.
Halte inne.
Überlege.
Das ist eine gute Frage.
Ich unterrichte, jedenfalls bin ich daran beteiligt. Ich erkläre, jedenfalls einzelnen Kindern. Ich plane, eigentlich immer mit anderen zusammen, für andere. Manchmal hätte ich einen anderen Plan. Mit Blick aufs Ganze halte ich mich zurück, interveniere dort, wo es anders nicht geht.
Und dann die Elternarbeit. Die ist nicht immer einfach, aber weniger schlimm, wenn man Gutes zu berichten hat. Z.B. über Fortschritte. Also eigentlich bin ich eine Lehrperson, die etwas anders funktioniert und vielleicht auch etwas anders denkt.
Meine Rolle war rückblickend immer wieder anders. Als heilender Pädagoge im Kämmerlein neben dem Religionszimmer im Gebäude auf der gegenüberliegenden Strassenseite des Schulhauses war ich mit der Stärkung der Schwäche beschäftigt. Trotz aufwändiger, mühevoller Kleinarbeit liessen sich die Schwächen der Schwachen nicht einfach schwächen. Ein Frust!
Glücklicherweise wurde meine Rolle durch einen Wechsel gestärkt. Ich rückte näher. Im Förderzimmer zwischen den Schulzimmern konnte ich Stellung beziehen. Noch immer kamen die Schwachen zu mir. Ab und zu ging ich auf Besuch. Setzte mich neben sie. Hörte lange zu. Zeigte aufs Blatt. Hier schreiben. Da rechnen. So denken. So richtig stark war das aber nicht.
Mein Verständnis wuchs mit der Ausbildung. Unterrichten. Planen. Diagnostizieren. Beraten. Koordinieren. Viele Besprechungen über Schwächen, Fehler und Faulheit der Förderschüler vergingen. Einmal sagte eine meiner Mentorinnen, wir SHP wären Anwälte für die schwachen Schülerinnen und Schüler. Das bedeutet Verantwortung. Die gibt es nur mit. Aber so ganz ohne Patent? Schwierig. Erst damit wurde einfacher.
Stärkung wächst mit der Kompetenz. Mit der Erfahrung. Im Unterricht, im Team. In der Arbeit als Coach. Beim Austausch im Kollegium. Ich wurde wahrgenommen. Ich kann Lösungen finden. Jedenfalls Ansätze im System. In jedem Team ist der Weg zum Ziel anders. Solange ich Teil davon bin. Das eine lief hier so und dort umgekehrt und drüben anders. Anpassung hilft da. Flexibilität auch.
Also eigentlich ist meine Rolle nie ganz definiert. Der Leitfaden des Volksschulamtes rahmt - eher etwas dünn. Die Umsetzungshilfe spezifiziert ein bisschen mehr. Ich definiere sie im Klassenzimmer. Jedes Mal aufs Neue.
Je nach dem bin ich Assistent, Team-Teacher, Lehrer, Coach, Berater, Begleiter oder Entwickler. In jedem Fall ein guter Beobachter. Mit viel Geduld. Sehr viel Geduld!
Manchmal war ich heiss begehrt, nicht so gern gesehen, eher als Last empfunden und dann doch unverzichtbar. Sicher ist, wir SHP vermitteln, suchen Lösungen und wir schreiben viel. In jedem Fall sind wir die Experten, wenn es ums Lernen unter erschwerten Bedingungen geht.
Kellner im Anmarsch.
Die Antwort für meinen Freund hängt wartend in der Luft: „Weisst du, es ist kompliziert.“
Espresso.
Schokoladenkuchen.